Was ist Disability Justice?
„Disability Justice“ (Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung) ist ein Begriff, der erstmals von Sins Invalid, einem Kollektiv von queeren Frauen mit Behinderungen und Rassismuserfahrungen, geprägt wurde. Der Begriff geht auf die Bewegung für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zurück, die in den 1960er Jahren in den USA begann.
Disability Justice geht einen Schritt über das Verständnis von “Disability Rights”, also dem Einsatz für Behindertenrechte, hinaus. Disability Rights bezieht sich auf die rechtlichen und sozialen Maßnahmen und ist vor allem in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD) und ihrem Überwachungsmechanismus, der Konferenz der Vertragsstaaten (COSP), verankert. Diese haben das Ziel, die Implementierung der gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur vollumfänglichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.
Disability Justice verfolgt einen umfassenderen Ansatz: Es bezieht die Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen ein, die auch von weiteren Dimensionen der Diskriminierung betroffen sind. Disability Justice berücksichtigt auch einen systemischen Ansatz im Hinblick auf das Zusammenspiel von Ableismus und anderen Systemen der Unterdrückung.
Durch die Unterstützung von Behindertengruppen und -organisationen wollen wir die wichtige Arbeit fördern, die sie seit Jahrzehnten für die Rechte von Menschen mit Behinderungen leisten. „Nichts (über uns) ohne uns“ ist der Anspruch der Bewegung: Alles, was uns betrifft, soll nur in unserer Gegenwart diskutiert werden. Darüber hinaus müssen Organisationen von Menschen mit Behinderungen (OPDs) an allen Prozessen beteiligt werden, nicht nur an denen, die sich mit Behinderung, Inklusion und Barrierefreiheit befassen.
Sie haben auch ein Interesse an Arbeitnehmerrechten, Richtlinien zur Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel und zu Rechten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Gegenwärtig gibt es noch zu viele Bereiche, Verhandlungstische oder Erklärungen, in denen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderung oder sogar Behinderung an sich diskutiert werden, ohne dass die Gemeinschaft vertreten ist.
Die Arbeit von Behindertenorganisationen und Behindertenaktivist:innen ist stark unterfinanziert. Menschen mit Behinderungen haben mit Behindertenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu kämpfen. Dennoch verfügt die Behindertenbewegung über ein großes Reservoir an Energie, Solidarität und Freude. Die Bewegung ist weltweit stark und dank der Arbeit von Organisationen wie unserer Partner:innen Disability Rights Advocacy Fund (DRAF) oder Action on Disability and Development (ADD) auch lokal verankert. Die Bewegung setzt sich auch mit Machtdynamiken und Intersektionalität auseinander und erkennt die verschiedenen Identitäten innerhalb der Bewegung an, darunter Jugendliche, rassifizierte Menschen, indigene Völker, Frauen oder andere geschlechtsspezifische Minderheiten. Gerade durch diese Vielfalt ihrer Mitglieder will die Behindertenbewegung ihre Anerkennung und ihren Einflussbereich stärken.