Das neue Programm M.E.T.A. vermittelt Fortbildner:innen das Wissen und die Werkzeuge, um Lehrkräfte bei der Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Unterricht zu begleiten. Projektleiterin Christine Bywater von der Stanford Graduate School of Education gibt Einblicke in Ziele und Inhalte.
Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert den Schulalltag – und stellt Lehrkräfte vor neue Herausforderungen. Um Schüler:innen wichtige KI-Kompetenzen zu vermitteln, braucht es innovative Ansätze in der Lehrerfortbildung. Im September 2024 startete der Stanford University Accelerator for Learning in Zusammenarbeit mit der Robert Bosch Stiftung in Deutschland das Programm „M.E.T.A. - Maximizing Effective Teaching AI - AI Professional Development and Capacity Building for Teacher Trainers“. Das Programm soll Fortbildner:innen dazu befähigen, Lehrkräfte bei der Integration von KI in ihre Praxis zu begleiten. Projektleiterin Christine Bywater, Associate Director des Center to Support Excellence in Teaching (CSET) der Stanford Graduate School of Education, gibt Einblicke in Ziele und Inhalte und erzählt, was sie bei ihrem Besuch in Deutschland gelernt hat.
Christine, warum ist es wichtig, dass Lehrkräfte über Entwicklungen in der sprachbasierten künstlichen Intelligenz auf dem Laufenden bleiben?
Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasend schnell und durchdringt bereits viele Technologien, die wir nutzen. Bei früheren Technologien hatten Lehrkräfte noch die Wahl, ob sie diese in ihren Unterricht integrieren. Mit KI ist das anders – sie ist bereits da und Teil des Alltags von Schüler:innen. Damit diese an der Gesellschaft teilhaben und dieses Werkzeug verantwortungsvoll nutzen können, müssen sie zu bewussten Konsumenten und ethischen Entwicklern werden. Unser Forschungsteam an der Stanford University unter der Leitung von Prof. Dr. Victor Lee konzentriert sich stark auf das Konzept der KI-Mündigkeit: Was müssen Schüler:innen wissen und verstehen, um mündig mit KI umzugehen? Welche Kenntnisse benötigen Lehrkräfte, um Schüler:innen die erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln? Und welche Anforderungen ergeben sich daraus für die Kompetenzen von Fortbildner:innen und Schulleitungen?
Im September startete die Stanford Graduate School of Education Stanford in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung das Projekt „M.E.T.A.“, ein einjähriges Fortbildungsprogramm für Lehrkräfte-Fortbildner:innen in Deutschland. Warum liegt der Fokus auf dieser Zielgruppe?
In unseren Gesprächen mit der Robert Bosch Stiftung wurde deutlich, dass die Stiftung besonders an systemweiten Veränderungen interessiert ist. Wir glauben, dass Fortbildner:innen hier den größten Einfluss haben können, da sie selbst mit so vielen Lehrkräften arbeiten. Sie haben außerdem eine systemische Perspektive und können Veränderungen auf verschiedenen Ebenen anstoßen – daher der Name „M.E.T.A". In diesem Kurs lernen die Teilnehmenden, wie KI funktioniert und erproben auch verschiedene KI-Tools. Sie beschäftigen sich mit den ethischen Implikationen von KI, wie Datenschutz und Vorurteilen, und lernen, die Datenquellen von KI-Modellen kritisch zu bewerten. Außerdem geht es um Fragen für die Praxis: Wann ist der Einsatz von KI sinnvoll und wann sollte menschliches Urteilsvermögen Vorrang haben? Wir wollen eine kreative Haltung fördern. Teilnehmende soll kreativ über die Möglichkeiten von KI nachdenken, aber auch sorgfältig abwägen, wann und wie sie im Unterricht sinnvoll eingesetzt werden kann. Zudem unterstützen wir die Teilnehmenden dabei, zu verstehen, wie transformative Lehrkräftefortbildung ganz allgemein aussieht.
Wie ist das Programm strukturiert und welche didaktischen Ansätze werden genutzt?
Das Programm startete im September mit einer Präsenzveranstaltung in Stuttgart, bei der die Teilnehmenden sich an kollaborativen, praxisorientierten Aufgaben ausprobierten. Wir legen Wert darauf, die Teilnehmenden in die Rolle der Lernenden zu versetzen, damit sie die Methoden selbst erfahren, die sie später mit ihren Lehrkräften anwenden sollen. Die erste Sitzung konzentrierte sich auf den Aufbau eines Gemeinschaftsgefühls, da die Forschung zeigt, dass Erwachsene am besten lernen, wenn sie sich als Teil einer verbundenen, unterstützenden Gruppe fühlen. Im Laufe des Jahres treffen sich die Teilnehmenden virtuell und arbeiten in Peer-Gruppen, die nach Region oder Schularten organisiert sind. Diese Gruppen dienen als kontinuierliche Unterstützungsnetzwerke, in denen Erfahrungen ausgetauscht, Feedback gegeben und Herausforderungen gemeinsam bewältigt werden. Unser pädagogischer Ansatz betont das Beobachten neuer Praktiken, das Üben in einem sicheren Raum, die Anwendung im realen Umfeld und das anschließende Reflektieren und Verfeinern. Zum Beispiel haben wir die Teilnehmenden gebeten, die von ihnen betreuten Lehrkräfte zu ihren Interessen und Erwartungen an KI zu befragen. Viele fanden diese Aufgabe sehr aufschlussreich, da sie half, die Fortbildungen besser auf die Bedürfnisse der Lehrkräfte abzustimmen.
Wie stellen Sie sicher, dass das Programm ein nachhaltiges Netzwerk für die Teilnehmenden aufbaut?
Die Robert Bosch Stiftung spielte eine Schlüsselrolle bei der Rekrutierung von Fortbildner:innen aus ganz Deutschland, wodurch die Kohorte vielfältig und gut vernetzt ist. Von Anfang an haben wir den Aufbau eines Netzwerks unter den Teilnehmenden durch Peer-Gruppen, gemeinsame Erfahrungen und Kooperationsmöglichkeiten gefördert. Ein weiterer Ansatz zur Sicherung der Nachhaltigkeit des Programms ist die Einbindung von Alumni in die Arbeit mit zukünftigen Kohorten. In der nächsten Kohorte werden vier Absolvent:innen der ersten Kohorte als Moderator:innen und Coach:innen tätig sein. Durch diese Struktur entsteht ein Multiplikatoreffekt, bei dem jede Kohorte nicht nur für sich lernt, sondern auch zum fortlaufenden Wachstum des Programms beiträgt. So wird sichergestellt, dass das Programm auch dann unabhängig weitergeführt werden kann, sollte sich Stanford irgendwann zurückziehen.
Sie sind letzten Sommer als Teil einer Stanford-Delegation nach Deutschland gereist, um Ansätze zur Integration von KI in die Bildung zu vergleichen. Was haben Sie bei Ihrem Besuch gelernt?
Ein Punkt, der mir besonders auffiel, war die Tiefe der Lehrkräfteausbildung in Deutschland. Lehrkräfte durchlaufen eine wirklich umfassende Ausbildung, bevor sie in den Beruf einsteigen. Das unterscheidet sich stark von den USA, wo die Ausbildung oft kürzer ist und stattdessen mehr Wert auf berufsbegleitende Weiterbildung gelegt wird – etwas, das in Deutschland weniger im Fokus steht.
Gleichzeitig fiel mir auf, dass viele Herausforderungen im Bildungswesen universell sind. Egal ob in Deutschland oder den USA – Lehrkräfte verfolgen dieselben Ziele: Sie setzten sich für den Erfolg der Schüler:innen ein und möchten sie auf die Zukunft vorbereiten. Trotz sprachlicher und kultureller Unterschiede war es inspirierend zu sehen, wie Lehrkräfte in beiden Ländern eine gemeinsame Sprache finden, wenn es um ihre Hoffnungen für ihre Schüler:innen geht.