10 Jahre Islamberatung: Brücken bauen für ein besseres Miteinander in Kommunen
- Modellprojekt der Robert Bosch Stiftung sorgt seit zehn Jahren für besseres gegenseitiges Verständnis zwischen Kommunalverwaltungen und muslimischen Vereinen und Organisationen.
- Seit 2015 wurden rund 400 Beratungen und 60 Weiterbildungen zu islambezogenen Themen in Bayern und Baden-Württemberg durchgeführt, von Kita-Fragen bis hin zur Patientenverfügung für Muslim:innen.
- Die Nachfrage nach dem vertraulichen und kostenlosen Angebot ist konstant hoch.
Stuttgart, 04.02.2025 – In Deutschland leben rund 5,5 Millionen Muslim:innen. Viele von ihnen sind hier geboren und engagieren sich in muslimischen Vereinen und Organisationen für die Gesellschaft – von der Flüchtlingshilfe bis hin zur Jugendarbeit. In den Kommunen bestehen jedoch häufig Unsicherheiten und Fragen im Umgang mit muslimischen Organisationen. Hier setzt die Islamberatung an, die vor zehn Jahren als Modellprojekt der Robert Bosch Stiftung startete.
„Mit der Islamberatung haben wir ein Modell entwickelt, das einen vertrauensvollen Austausch zwischen der Kommunalverwaltung und muslimischen Akteuren ermöglicht“, sagt Dr. Raphaela Schweiger, Teamleiterin Migration und Einwanderungsgesellschaft bei der Robert Bosch Stiftung. In den meisten Verwaltungen fehle es noch an Wissen, was beispielsweise beim Bau einer Moschee oder der Einrichtung eines islamischen Gräberfeldes zu beachten sei. Für die Kommunen seien zudem die muslimischen Organisationen vor Ort wichtige Partner in Integrationsfragen. „Ein besseres gegenseitiges Verständnis ist die Basis für gemeinsame Entscheidungsprozesse – eine ganz zentrale Weichenstellung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Kommunen“, ist Schweiger überzeugt. Knapp 2 Millionen Euro hat die Stiftung seit Projektstart für die Islamberatung zur Verfügung gestellt.
Ein Jahrzehnt erfolgreiche Beratungsarbeit
Die Islamberatung wurde 2015 von der Robert Bosch Stiftung in Baden-Württemberg ins Leben gerufen und ist seit 2019 auch in Bayern aktiv; nach Nordrhein-Westfalen die beiden Bundesländer mit der größten Zahl an Muslim:innen. Rund 400 Beratungen und 60 Weiterbildungen wurden seitdem durchgeführt. Neben der Einordnung der unterschiedlichen muslimischen Organisationen und Strömungen reicht das Themenspektrum von Kita-Fragen bis zur Patientenverfügung für Muslime. Die Beratungen finden vor Ort und online, aber auch telefonisch und per E-Mail statt.
Das Angebot richtet sich an Kommunen, Bildungseinrichtungen, Wohlfahrtsverbände, Kirchengemeinden sowie muslimische Gemeinden und Vereine. „Die Beratung ist kostenlos und vertraulich“, erklärt Dr. Hussein Hamdan, der als erster deutscher Islamberater das Projekt vor zehn Jahren mitaufgebaut hat. „Am Anfang gab es viel Skepsis. Es war eine Herausforderung, Vertrauen aufzubauen und die Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen“, erinnert sich Hamdan. Inzwischen habe die Islamberatung aber in zahlreichen Fällen gezeigt, dass Dialog und praxisorientierte Unterstützung zu konkreten Ergebnissen führen. Besonders durch die Einordnung der zahlreichen islamischen Gruppen konnten die in vielen Kommunen bestehenden Unsicherheiten im Umgang mit ihnen geklärt werden.
Erfolgsmodell mit bundesweiter Strahlkraft
Das Modell hat sich bewährt und wurde vom Land Baden-Württemberg, vom Freistaat Bayern und vom Bund übernommen. Inzwischen wurde das Konzept auch auf das deutschsprachige Ausland übertragen, so dass in Österreich und der Schweiz entsprechende Beratungsprozesse unter der Leitung von Dr. Hussein Hamdan umgesetzt werden. „Das große Interesse zeigt, dass die Islamberatung in den Kommunen weiterhin dringend gebraucht wird“, so Dr. Hussein Hamdan. „Muslimisches Leben wird dauerhaft ein Teil Deutschlands und Europas sein. Die Kommunen müssen sich darauf einstellen, dass sie sich kontinuierlich mit Fragen zum Islam und den Anliegen von Muslim:innen beschäftigen müssen. Hier entscheidet sich, ob Integration und gesellschaftliche Teilhabe gelingen.“