Vielfalt ist ein zentrales Thema in der politischen Landschaft Europas. Dennoch zeigt eine aktuelle Studie, dass Personen mit Migrationsgeschichte in den Parlamenten vieler europäischer Länder weiterhin unterrepräsentiert sind.
Menschen mit Migrationsgeschichte sind in den nationalen Parlamenten von Deutschland, Spanien, der Schweiz, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich nach wie vor unterrepräsentiert. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „REPCHANCE Europe“, die von der Robert Bosch Stiftung gefördert wurde. Im Vergleich ist der Anteil der Abgeordneten mit Migrationsgeschichte in den Niederlanden mit 19 Prozent am höchsten, während er in Spanien mit nur 2 Prozent am niedrigsten ausfällt. Deutschland liegt mit rund 11 Prozent im Mittelfeld.
In allen fünf Ländern ist die Repräsentation im Untersuchungszeitraum zwar gestiegen – allerdings unterschiedlich schnell. Deutschland verzeichnete den größten Anstieg, während das Vereinigte Königreich und die Schweiz moderate Zuwächse erzielten und Spanien nur minimale Verbesserungen erreichte. Professor Dr. Andreas Wüst, Koordinator der vergleichenden Studie und Studienleiter für Deutschland, bemerkt: „Es geht nicht darum, eine exakte proportionale Vertretung zu erreichen, sondern darum, faire Chancen für alle zu gewährleisten. Die politischen Parteien müssen die politische Chancengleichheit für Menschen mit Migrationsgeschichte sicherstellen – doch einige Parteien weisen nach wie vor erhebliche Defizite bei Kandidaten, Mandatsträgern und Amtsträgern auf.“
Die Studie untersucht über zehn Jahre hinweg die parlamentarische Vertretung von Politiker:innen mit Migrationsgeschichte in verschiedenen europäischen Ländern und kombiniert umfangreiche Datenanalysen mit qualitativen Interviews. Sie wird von der Robert Bosch Stiftung, der Stiftung Mercator Schweiz und von Porticus gefördert.
Abgeordnete mit Migrationsgeschichte sind in Deutschland und der Schweiz häufig in linken Parteien aktiv. Dagegen ist dies im Vereinigten Königreich und den Niederlanden weniger typisch. Viele Politiker:innen werden durch Familie und Parteistrukturen zur Kandidatur bewegt. Ihre politische Karriere wird oft durch Diskriminierung und Vorurteilen erschwert. Besonders Frauen sind mit zusätzlichen Herausforderungen von Sexismus und Rassismus konfrontiert.
„Eine stärkere politische Repräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte ist für eine funktionierende Demokratie unerlässlich.“
Die Studienautor:innen schlagen konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vor, darunter eine Ausweitung des Wahlrechts und Bildungsinitiativen über das politische System. Politische Parteien werden aufgefordert, gleiche Chancen zu schaffen und die Zivilgesellschaft soll aktiv Barrieren abbauen. Um die politische Repräsentation zu verbessern, fordern die Studienautor:innen darüber hinaus stärkere Antidiskriminierungsmaßnahmen, verbesserte Rekrutierungs- und Förderprozesse innerhalb der politischen Parteien sowie robuste Schutzmaßnahmen gegen Hassreden und Gewalt, die sich gegen Politiker:innen von Minderheiten richten.